infinite space - 100/100 cm, 1999

infinite space
100/100 cm, 1999

street to hell - 100/100 cm, 1999

street to hell
100/100 cm, 1999

space in space - 80 x 80cm, 2006

space in space
80 x 80cm, 2006

rotation red - 150 x 150 cm, 2006

rotation red
150 x 150 cm, 2006

rail - 100/100 cm, 1997

rail
100/100 cm, 1997

vorwort von dr.bozena kowalska

 

das streben nach harmonie, nach einklang zwischen architektur, malerei und bildhauerei

als maler ist charly möller in jeder hinsicht untypisch. ungewöhnlich ist auch der weg, der lhn zur malerei führte. zwar interessierte er sich von seiner jugend an für kunst, dennoch hat er sein studium nicht in malerei an einer kunstakademie, sondern in architektur an einer technischen hochschule abgeschlossen. zur malerei kehrte er erst als etablierter und bekannter architekt zurück.

auch der entwicklungsprozess seines kunstschaffens - nachdem er sich der malerei zuwandte - wich von den üblichen mustern ab. denn meistens führt der entwicklungsweg der künstler, die sich der sprache der geometrie bedienen, von der gegenständlichkeit zur abstraktion, und von dem einzelnen zur synthese. charly möller dagegen schaffte gleich am anfang rein gegenstandslose werke. er setzte sich mit dem problem des raumes auseinander, indem er sparsam gestaltete reliefe aufbaute, z. b. mit vertikalen leisten und kleinen, gleichgroßen quadraten, die einerseits auf die kompositionsfläche aufgetragen, andererseits darin ausgeschnitten wurden und sich auf den raum hinter dem bild öffneten. diese arbeiten wirkten streng, fast nüchtern, zugrunde lag ihnen das vorhaben, den raum zu gestalten und durch das rhytmisieren der formen ordnung zu schaffen.

in der ersten hälfte der neunziger jahre begann die malerei von charly möller an die welt der gegenstände anzuknüpfen, und wurde um die vielfarbigkeit bereichert. die stelle des durch die flächenöffnung im bild bestimmten und den intellekt ansprechenden raumes, nimmt nun gemalte raumperspektive ein, die sich an die lmagination wendet. seltsam ist diese umkehr zum gegenstand im mölierschen schaffen. es ist keine wendung zur nachahmung der wirklichkeit. vielmehr vollzog sich in seinen bildern eine verschmelzung von möller dem architekt mit möller dem maler. so stellen seine kompositionen sublimierte form malerisch-architektonischer lmprovisationen dar.

demnach ist auch die gattung der malerei, die charly möller schafft, so ungewöhnlich, dass sich ihre eindeutige zugehörigkeit zu einer bestimmten kunstströmung kaum feststellen lässt.

begründen ließe sich nur ihre zuordnung zur richtung der sprache der geometrie - im weiten sinne dieser bezeichnung - oder vielleicht gar zur geometrischen abstraktion, denn architektonische motive werden in seinen bildern immer weniger lesbar, und manchmal gar unerkenntlich. aber auch als abstraktion ist diese malerei einzigartig.

marcel brion 1 unterscheidet vier hauptströmungen in der abstrakten kunst. 1. die konstruktive, 2. die magische und religiöse, 3. die impressionistische und 4. die expessionistische. die letzten zwei gehen offensichtlich an der malerei von charly möiler vorbei, auch in dem strengen konstruktivismus gehören sie nicht hin. in seinen bildern ist nämlich weder jene mechanische ästhetik zu finden, die für konstruktivismus so charakteristisch ist, noch jener kult der technik, funktionalismus und mechanismus. eher ist das gegenteil der fall. vielleicht stünde dann seine kunst - durch ihre phantasie und rätselhaftigkeit - einer magischen abstraktion am nähesten.

von allem zweifel frei ist nur, dass die wichtigen probleme, die charly möller faszinieren, raum und rhythmus sind - also zwei grundlegende schlüsselprobleme der architektur. allerdings ist der raum seiner bilder wieder untypisch. "yi - fu tuan" 2 unterscheidet drei grundtypen des raumes. 1. den mystischen, 2. den pragmatischen und 3. den abstrakten, theoretischen. als architekt beschäftigt sich möller mit raum in der zweiten dieser bedeutung, der raum, den er in seinen bildern hervorzaubert, gehört keiner dieser kategorien an.

in jeder hinsicht ist es also schwer, für möllers maierei vorbilder und allgemeine bezeichnungen zu finden. es sind eigenartige bilder, deren lnspiration ist architektur. auf keinen fall werden aber in ihnen konkretisierte objekte oder architektonische konstruktionen wiedergegeben.

schon eher sind es malerische variationen zum thema architektur. wobei, wie schon erwähnt wurde, ist selbst dieses thema manchmal schwer wiederzuerkennen. die - aus geometrischen formen und unter anwendung einer bescheidenen, auf drei oder vier farben begrenzten farbpalette, bewerkstelligten - kompositionen, bleiben halbwegs oder vöilig abstrakt.

wie gesagt, gilt möllers lnteresse hauptsächlich dem raum und dem rhythmus, deshalb bestimmen diese zwei faktoren auch seine malerei. in der ersten hälfte der neunziger jahre ließen sich noch in seinen bildern architekturfragmente erkennen, zwar vereinfacht und abstrahiert, aber doch eindeutig, wie z. b. eine von unten gesehene fassade, mit der sich wiederholenden balkonform, vervielfachte vertikale säulen, oder stufen einer treppe. später, in der zweiten hälfte der neunziger jahre, wird die formsynthese noch gesteigert, das bildkader wählt immer kleinere ausschnitte von baukonstruktionen, wodurch sie immer weniger deutlich oder gar nicht mehr erkennbar werden. gleichzeitig wird dem rhythmus der formen - die schon rein konventionell geworden sind - nachdruck verliehen, es entstehen trügerische, beunruhigende raumsysteme, die monumental und gleichzeitig poetisch und geheimnisvoll wirken. das streben des künstlers, das nachempfinden der magie oder des rätselhaften hervorgerufen, bestätigen bildtitel, wie z. b. "treppe zum himmel", "endloser raum" oder "entwicklung des geistes". die malerei möllers wohnt ein gewisses paradoxon inne, das der künstler allerdings meisterhaft handzuhaben weiß. er hebt nämlich weder durch schattierung noch auf eine andere weise die dreidimentionalität der gemalten körper hervor, sondern operiert ausschließlich mit geometrischen, von gleichmäßig aufgetragener farbe gefüllten formen. somit entspricht seine methode der fachmalerei. durch diese methode läßt möller den raum weit in die perspektivistische tiefe reichen und sich nach vorne, zum betrachter hin, erstrecken.

viele von möllers auffassungen - insbesondere bezüglich gesellschaftlicher aspekte der kunst - stehen in verbindung mit der konstruktivistischen avantgarde. doch, im gegensatz zum konstruktivistischen, die einen großen wert auf den gebrauchszweck und die maximale ökonomie der angewandten mittel legen, räumt möller den anderen werten den vorrang ein. kritisch bewertet er die tatsache, daß das moderne bauwesen den funktionellen forderungen untergeordnet ist, und daß die gesellschaft - die mehrheit der verbraucher - genau das von der architektur erwartet.

in einem seiner texte sagt er. "viele studienreisen bestätigten mich in meinem vorhaben. so daß ich mit der zeit das verlangen bekam, das plastische werk einer architektur zu studieren, und nicht ihre funktion. mich interessieren mehr fragmente und ihre spannungsverhältnisse, die aus dem architektonischen zusammenhang genommen wurden und funktionslos ihre form- und farbsprache verkörpern." 3 mit der ersten avantgarde teilt möller das streben nach harmonie, nach einklang zwischen architektur, malerei und bildhauerei, jedoch ohne daß autonomie einer von ihnen eingebüßt würde. "eine unabhängige architektur für den menschen gestaltet, ist unumgänglich", sagt der künstler. "eine autonomie, die sich nicht im abstrakten, sondern im konkreten raum stellen und beweisen muß, also architektur im alltag als künstlerische verpflichtung verstehen." 4

so wie die künstler der ersten avantgarde, richtet sich also auch möllers streben und denken auf den mensch hin, auf seine bedürfnisse und seine sensibilität. so wie sie, ist auch er romantisch, idealistisch und utopisch.

diese anerkennenswerte haltung prägt nicht nur seine kunsttätigkeit, sondern auch sein leben. sagt er "wir müssen die klarheit des denkens über die mathematik erlernen, fragen zur philosophie klären, die fröhlichkeit aus der musik erfahren und durch kreativität träume bewußt werden lassen". 5

dr. bozena kowalska, warschau

anmerkung

  1. m. brion "geschichte der abstrakten kunst", köln 1960
  2. yi - fu tuan "przistrzen i miejsce", warszawa 1987
  3. charly möller "architektonische reminiszenzen"
  4. w.o.
  5. w.o.